
Der Begriff TOKEN RING dürfte vielen IT-Profis und Netzwerk-Admins noch aus den Anfangszeiten strukturierter Netzwerke bekannt vorkommen. Doch auch wenn TOKEN RING heutzutage nahezu komplett von Ethernet verdrängt wurde, bietet ein genauer Blick auf die Funktionsweise, Vorteile und Schwächen dieser Technologie interessante Einblicke – nicht zuletzt, um moderne Netzwerkkonzepte besser zu verstehen.
TOKEN RING war eine von IBM in den 1980er-Jahren entwickelte LAN-Technologie, die vor allem durch ein kontrolliertes Zugriffsverfahren via „Token“ für Aufmerksamkeit sorgte. Statt wie bei Ethernet auf Kollisionen zu setzen und diese zu regeln, sollte das Token-Prinzip Ordnung schaffen.
Wie funktioniert TOKEN RING technisch?
Bei TOKEN RING zirkuliert ein sogenanntes „Token“ im Ring. Nur das Gerät, das im Besitz dieses Tokens ist, darf Daten senden. Dieses Verfahren nennt sich „Token Passing“ und verhindert aktiv Datenkollisionen.
Grundprinzip:
- Das Netzwerk ist physikalisch als Ring (bzw. logisch ringförmig) aufgebaut.
- Das Token wird zwischen den Knoten weitergegeben.
- Nur wer das Token hält, darf senden.
- Nach erfolgreichem Senden gibt der Knoten das Token frei.
Dieses Verfahren brachte in der Theorie eine hohe Effizienz bei hoher Netzlast – allerdings auf Kosten von Flexibilität und Skalierbarkeit.
TOKEN RING vs. Ethernet: Ein Vergleich mit Praxisbezug
In der Anfangszeit der lokalen Netzwerke galt TOKEN RING durchaus als ernstzunehmende Alternative zu Ethernet. Doch es setzten sich andere Prioritäten durch:
Merkmal | TOKEN RING | Ethernet |
Zugriffsverfahren | Token Passing | CSMA/CD |
Kollisionen | Werden vermieden | Kollisionen möglich, werden erkannt |
Datenrate früher | 4/16 Mbit/s | 10/100/1000 Mbit/s und mehr |
Flexibilität | Gering (Ringstruktur) | Hoch (Sternstruktur) |
Kosten | Relativ hoch | Deutlich günstiger |
Wartung | Aufwändig bei Ausfall | Einfacher durch Switches |
Ein häufiger Fehler in der Praxis war die Unterschätzung des Wartungsaufwands bei TOKEN RING. Sobald ein Knoten ausfiel, konnte der gesamte Ring beeinträchtigt sein.
Anwendungsszenarien früherer Tage
TOKEN RING kam vor allem in IBM-lastigen Infrastrukturen zum Einsatz: Großrechnerumgebungen, Banken, Industrieanlagen mit deterministischer Kommunikation. Dort schätzte man die Vorhersagbarkeit der Zugriffe und die Ordnung im Netzwerkverkehr.
Aus Erfahrung wissen viele Admins: Gerade bei Echtzeit-Anforderungen wie SCADA-Systemen war das Token-Modell ein stabiler Baustein – bis es durch modernere Konzepte abgelöst wurde.
Warum TOKEN RING heute kaum noch verwendet wird
Trotz seiner theoretischen Vorteile verschwand TOKEN RING weitgehend vom Markt. Die Gründe dafür:
- Hohe Kosten für Hardware und Wartung
- Geringe Datenraten im Vergleich zu Ethernet
- Komplexe Topologie bei physikalischem Ring
- Mangelnde Skalierbarkeit bei wachsendem Netz
Hinzu kam der Siegeszug von Ethernet-Switches, die Kollisionen auf Ports eindämmten und eine stabile, kostengünstige Alternative boten.
Technologischer Lerneffekt: Was bleibt von TOKEN RING?
Auch wenn TOKEN RING heute kaum noch eingesetzt wird, lohnt sich die Auseinandersetzung aus mehreren Gründen:
- Token-Passing als Konzept findet sich z. B. in Feldbus-Systemen oder bei drahtlosen Protokollen wieder
- Deterministisches Verhalten bleibt in Industrieumgebungen ein Thema
- Topologiebewusstsein ist auch im modernen Netzwerkdesign entscheidend
Ein typischer Fehler: Moderne Netzwerke ohne jede Zugriffskontrolle auf Multicast- oder Broadcast-Ebene zu planen – das kann zu ähnlichen Problemen führen wie beim unsauber konfigurierten Ring.
TOKEN RING in der Ausbildung und Simulation
In Schulungen und Laborumgebungen wird TOKEN RING gelegentlich noch simuliert, etwa um Zugriffsverfahren zu demonstrieren oder Netzwerkprotokolle besser zu verstehen. Tools wie Cisco Packet Tracer oder GNS3 bieten einfache Modelle, um Token-Passing in Aktion zu beobachten.
Das Verständnis für diese Technologie kann helfen, die Grundlagen moderner Verfahren besser einzuordnen – z. B. in Bezug auf Priorisierung, Zugriffskontrolle und deterministische Kommunikation.
Fazit: TOKEN RING als technisches Relikt mit Lehrwert
Auch wenn TOKEN RING heute im operativen IT-Alltag kaum mehr eine Rolle spielt, bietet das Protokoll wertvolle Erkenntnisse. Wer sich tiefer mit Netzwerktechnologien beschäftigt, sollte den historischen Kontext kennen und daraus Lerneffekte ableiten.
In der Praxis kann es helfen, Altanlagen zu bewerten, Netzwerkprobleme historisch zu verstehen oder alternative Zugriffskonzepte (z. B. bei IoT oder Zeitkritik) einzuschätzen.
Wer Networking ganzheitlich denkt, kommt an TOKEN RING nicht vorbei – wenn auch nur in der Theorie. Und manchmal reicht ein Blick in die Vergangenheit, um die Zukunft etwas besser zu verstehen.
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